Katzen

Ob drinnen oder draußen...

Egal, ob Wohnungskatze oder Freigänger: Jede Katze hat spezielle Bedürfnisse, denen der Mensch gerecht werden muss, damit es seinem Tier gut geht. Dafür, dass bei Wohnungskatzen keine Langeweile aufkommt, aber auch Freigänger artgerecht gehalten werden, kann der Mensch eine Menge tun. All4Pets sprach mit Tina Krogull, Katzenpsychologin.

VON MELANIE BÄUMEL-SCHACHTNER

Laut Katzenexpertin Tina Krogull ist es möglich, Katzen rein als Wohnungskatzen zu halten. Großes Aber: „Sind Katzen reine Wohnungskatzen, sind sie durchaus unterfordert, wenn sie den Großteil des Tages allein zu Hause sind. Ihre Sinne werden nicht gefordert, auch toben viele Katzen nicht, wenn sie alleine sind. Die Wohnung als Revier ist irgendwann uninteressant, denn es gibt nichts Neues zu entdecken.“ Genau wie uns Menschen kann es also auch einer Katze langweilig werden.

Langeweile kann zu Unsinn anstiften

Aus Langeweile wird dann jede Ecke genutzt, um Kraft und Energie abzubauen. Oder Dinge, die auf Tischen oder Küchenablagen stehen, werden abgeräumt. Das muss laut Tina Krogull nicht sein: „Wohnungskatzen kann man durchaus etwas bieten. Kratzbäume sollten strategisch an Fenstern oder Balkontüren stehen. Auch eine dritte Ebene in der Wohnung sorgt bei der Katze für neue Reize und  Vergrößerung des Reviers.“ Was viele Menschen nicht wissen: Im Gegensatz zu uns Menschen oder zu Hunden leben Katzen dreidimensional.

Eine Wand, die sich aus Sicht des Menschen dafür eignet, Bilder oder einen Fernseher aufzuhängen, ist aus Sicht einer Katze viel besser mit diversen Brettern oder gar einem Rundgang aus Brettern ausgestattet. Kann man also eine Wohnungskatze überhaupt artgerecht halten? „Diese Frage ist nicht mit einem einfachen Ja oder Nein zu beantworten. Als Halter einer Wohnungskatze sollte man sich schon Gedanken machen, was die Katze, wenn sie die Möglichkeit hätte, nach draußen zu gehen, dort tun würde“, so die Katzenpsychologin.

Draußen geht die Katze ihren Instinkten nach. Dort muss sie sich ihr Futter erjagen, und es lauern genug Gefahren auf sie. Die Katze ist zwar ein Jäger, kann aber draußen schnell selbst zur Gejagten werden. „Wenn man sich mit dem Verhalten der Katze draußen ein wenig beschäftigt,  kann man einige Reize von draußen auch gut in die Wohnung holen“, rät Krogull.

Der Mensch muss das Leben draußen ersetzen

Lebt eine Wohnungskatze also als Einzelkatze, ist der Halter sehr stark gefordert. Denn der Mensch ist der Hauptansprechpartner für die Katze. Auch wenn der Arbeitstag noch so lang und anstrengend war, hat die Katze das Recht, unsere Aufmerksamkeit zu fordern. „Als Halter sollte man mit der Katze spielen. Das Spielen ist eine Ersatzhandlung für die Jagd. Es kommt auf das richtige Spielzeug an, um mit seiner Katze beim Spielen viel Spaß zu haben. Es gibt Spielangeln, die rund einen Meter lang sind und eine ebenso lange Schnur haben – zum Beispiel die Spielangel von Frenzy Cat. Am Ende der Schnur kann man ganz einfach immer wieder verschiedene Anhänger austauschen. So ein Anhänger ist die Beute, die die Katze fangen soll.“

Spielen wie bei der Mäusejagd

Vielen Katzen ist bewusst, dass es IHR Mensch ist, der am anderen Ende der Spielangel sitzt. Aber trotzdem können Katzen beim Spielen vergessen, dass wir als Halter es sind, die die Beute bewegen. „Beim Spielen mit einer Spielangel sollte man sich bewusst sein, wie ein Beutetier reagieren würde. Ein Beutetier würde sich nicht in die Richtung der Katze bewegen, sondern immer von der Katze weg. Die Beute wird Schutz suchen und sich vorsichtig von einem Versteck zum nächsten bewegen. Sie wird dabei aber Geräusche machen, die die Katze neugierig machen oder bei ihr die Spannung halten“, erklärt Tina Krogull die Spielregeln.

Wichtig ist auch, dass die Katze immer wieder einen Jagderfolg erlebt. Denn ohne solche Erfolge kann selbst das schönste Spiel eher frustrierend für die Katze sein, und sie kann nach und nach das Interesse am Spielen verlieren: Daher sollte man, wenn man mit einem Laserpointer mit der Katze spielt, immer einen Anfang und ein Ende setzen. Das heißt, der rote Punkt fängt auf einem Spielzeug an und die Katze rennt hinter dem Punkt her. Beendet werden sollte das Spiel wieder auf einem Spielzeug, damit die Katze den Jagderfolg erlebt und weiterhin Spaß hat.

Wenn man mehrere Katzen in der Wohnung halten möchte, sollte auch genügend Platz vorhanden sein. Oft wird gesagt, dass man nicht mehr Katzen im Zimmer haben sollte oder nicht mehr Katzen gehalten werden sollten, als Hände zum Streicheln da sind. „In einem Mehrkatzenhaushalt sollte sichergestellt sein, dass jede Katze eine für sie sichere Rückzugsmöglichkeit hat, die sie jederzeit aufsuchen kann. “

Spezielle Ernährung von Wohnungskatzen

Wohnungskatzen brauchen eine spezielle Ernährung: Bei ihnen ist es wichtig, dass man den Kalorienverbrauch der Katze(n) gut einschätzt. Eine Katze, die wenig aktiv ist, sollte nicht die gleiche Futtermenge bekommen, wie eine Katze, die auch in Abwesenheit des Halters aktiv ist. Wohnungskatzen mit wenig Bewegung können schnell dick werden, und es ist nicht einfach, das Gewicht wieder in den Griff zu bekommen, da Katzen nur langsam abnehmen und auch nur langsam abnehmen sollten. Damit es gar nicht erst zu Übergewicht kommt, müssen auch Leckerlis in die tägliche Gesamtfuttermenge eingerechnet werden.

Reine Wohnungskatzen sollten genauso regelmäßig von einem Tierarzt untersucht werden, wie Katzen mit Freigang oder reine Outdoorkatzen. „Leider sind Katzen sehr gut darin, gesundheitliche Beschwerden und Schmerzen zu verstecken.“ Gerade bei Langhaarkatzen ist eine regelmäßige Fellpflege, das Kämmen und/oder Bürsten durch den Halter notwendig.

„Auch wenn die Katze sich viel draußen aufhält, sollte man Zeit mit ihr verbringen. Outdoorkatzen spielen oftmals zu Hause nicht, weil sie dem Reiz der Jagd draußen nachgehen können, aber das gemeinsame Sitzen auf der Couch oder das Kämmen oder Bürsten ist auch eine gemeinsam verbrachte Zeit und wird die Katze an ihren Menschen binden“, weiß die Expertin.

Kann man auch mehrere "Outdoorkatzen" halten?

Die Frage ist laut Tina Krogull leider nicht eindeutig zu beantworten: „Katzenhalter, die mehrere Outdoorkatzen haben, sagen oft, dass die Katzen zu Hause zwar gute Freunde sind, sich draußen aber strengstens aus dem Weg gehen. Oft gehen Outdoorkatzen aus einem Mehrkatzenhaushalt getrennte Wege, sobald sie draußen sind. Aber es gibt auch Katzenteams, die gemeinsam durchs Revier streifen.“

Hat man sich als Halter entschieden und hat die Möglichkeit, seiner Katze Freigang zu bieten, sollte man das erst umsetzen, wenn die Katze ihr Zuhause mindestens sechs Wochen kennt. Es geht darum, dass die Katze von ihren Freigängen den Weg zurück finden soll. Um anfangs sicherzustellen, dass die Katze wieder hereinkommt, sollte man sie vor dem Freigang nicht füttern, ihr aber bei ihrer Rückkehrzum Haus zeitnah Futter zur Verfügung stellen. Auch sollte man in der Anfangszeit mit der Katze hinausgehen, um ihr zu zeigen, dass man da ist.

Und wann soll die Katze lieber drinnen bleiben, als Freigang bekommen?

„Wohnt man in einem Mehrfamilienhaus, kann man die Katze nicht mal eben rauslassen, denn man merkt nicht sofort, wenn die Katzewieder rein will. Auch wenn sich Hauptverkehrsstraßen in der Nähe befinden, sollte man seine Katze nicht dort hinauslassen. Autoverkehr ist nicht zu unterschätzen. Katzen können in der Regel die Gefahr eines heranfahrenden Autos nicht einschätzen.

Die Katze kann draußen schnell vom Jäger zum Gejagten werden, wenn es Menschen oder Hunden einfällt, eine Katze zu jagen. Es besteht auch die Gefahr, dass Katzen draußen Giftstoffe aufnehmen. Sie braucht diese nicht einmal durch Trinken oder Fressen eines Beutetieres aufnehmen. Es reicht, wenn die Katze z. B. unter einem Auto sitzt, wo eine Flüssigkeit ausläuft, die der Katze aufs Fell tropft. Bei nächster Gelegenheit wird die Katze sich das Fell putzen und nimmt die Giftstoffe direkt auf“, weiß Krogull.

Also lieber ein kurzes und erfülltes Leben - oder ein langes Leben "indoor"?

Für beide Standpunkte gibt es viele Pros und Contras, so Tina Krogull: „Ich kann diese Frage nur aus meiner persönlichen Sicht beantworten. Ich bin bei diesem Punkt der Katzenhaltung egoistisch. Ich möchte, dass unsere Katzen ein langes Leben indoor haben. Wir können unseren Katzen ein kleines Stück Freiheit in unserem Garten bieten. Ich hätte aber keine ruhige Minute, wenn ich wüsste, dass unsere Katzen als Freigänger unterwegs wären, auch oder gerade, weil wir relativ ländlich wohnen und hier neben Autos und Lkw auch viele Traktoren fahren! “

(c) www.ingimage.com


Zurück