Pferde

Pferde im Winter

Haltungsform

Was ist die beste Haltungsform für Pferde in der kalten Jahreszeit? Wie sollte die Fütterung aussehen? Und wie kann man das Training so abwechslungsreich wie möglich gestalten?

Das Wichtigste vorab: Wir sollten unsere Pferde auf gar keinen Fall zu sehr vermenschlichen und denken, sie brauchen im Winter eine kuschelige, warme Box mit geschlossenem Fenster. Hier ist „gut gemeint“ das Gegenteil von „gut“: Pferde brauchen frische Luft, um gesund zu bleiben ... ein Stalltrakt, in dem im Winter die Fenster geschlossen werden, damit sich die Wärme im Stall hält, ist auf Dauer für Pferde absolut schädlich. Die Wohlfühltemperatur eines Pferdes liegt bei ca. 5 °C–15 °C. Also deutlich unter der Wohlfühltemperatur des Menschen Ammoniakdämpfe und schlechte Luft im Stall durch Bakterien und Viren führen bei Pferden zu Atemwegserkrankungen wie Husten und Bronchitis. Es ist also sehr wichtig, dem Pferd auch im Winter Freigang zu ermöglichen und im Stall eine Zug-freie Frischluftzufuhr zu gewährleisten.

Genauso schädlich ist die Haltung in einem schlecht geführten Offenstall, in dem das Pferd lediglich hart gefrorene, eiskalte Böden zur Verfügung hat, um sich hinzulegen, oder die einzige Rückzugsmöglichkeit eine zugige Weidehütte darstellt. Im Offenstall sollte in der kalten Jahreszeit für alle Pferde genügend Liegefläche vorhanden sein, die weich (eingestreut) ist, sodass die Pferde sich schadlos ablegen können. Ein Pferd kann zwar sehr gut mit Minusgeraden und trockener Kälte leben, darf jedoch nicht über längere Zeit ungeschützt Kälte, Nässe und Wind ausgesetzt sein – das machen die Abwehrkräfte des Körpers auf Dauer nicht mit, und das Pferd wird krank.

Decke oder nicht

Eine immer wiederkehrende Frage: Soll ich mein Pferd im Winter eindecken? Oder soll ich es gar scheren? Um das für sich und sein Pferd individuell zu entscheiden, sollte man Folgendes wissen:

Die Wärme, die Pferde (und auch andere Säugetiere und Menschen) permanent automatisch produzieren, ist ein Abfallprodukt des Stoffwechsels. Pferde besitzen von Natur aus eine Thermoregulation, die ihnen erlaubt, sehr gut mit Temperaturschwankungen zurechtzukommen. Das Scheren des Fells oder auch der Einsatz von gefütterten Decken zerstört die Thermoregulation des Pferdekörpers. Wie funktioniert dieser Thermoregulationsmechanismus? Die Haut des Pferdes ist relativ dick und wirkt somit isolierend. Auch das Fell besitzt isolierende Eigenschaften – abhängig von der Dichte, Länge und Beschaffenheit.

Der Sommer- und Winterfellwechsel wird übrigens nicht durch wärmere oder kältere Temperaturen, sondern durch die Länge des Tageslichts bestimmt. Wenn die Tage nach der Sommersonnenwende kürzer werden, beginnt auch bald darauf das Fell, sich auf den kommenden Winter einzurichten. Wie auch wir Menschen kann das Pferd eine Gänsehaut bekommen – das Fell stellt sich dann auf und isoliert zusätzlich. Eingedeckte Pferde können ihr Fell nicht aufstellen! Die Thermoregulierung wird gestört. Fett und Talg auf dem Fell der Pferde helfen dem Tier, auch bei Nässe und Wind nicht völlig abzukühlen.

Das Eindecken der Pferde im Winter sollte also wohl überdacht sein. Ganz sicher macht es keinen Sinn, die Pferde im Inneren eines Stalls warm einzudecken. Detaillierte und weiterführende Infos zum Thema „Thermoregulation“ beim Pferd sind hier zu finden:
www.vet-tcm.de/beitraege/13-pferde/101-thermoregulation-was-ist-das

Nahrung

Ganz wichtig im Winter ist die ständige Aufnahme energiearmer, rohfaserreicher Nahrung für Pferde, die ganzjährig draußen gehalten werden – der Körper braucht „Brennstoff“, um seine Temperatur zu halten. Darum sollten im Offenstall gehaltene Pferde im Winter 24 Stunden Heu zur Verfügung haben – am besten aus Heunetzen, damit leichtfuttrige Rassen im Winter nicht zu fett werden.

 

Training

Das Training des Pferdes sollte der Jahreszeit angepasst sein: Die Aufwärm- und vor allem die Cooldown-Phase sollte deutlich länger sein als im Sommer. Die Muskeln und Sehnen der Pferde brauchen unter Umständen länger, um sich aufzuwärmen, da im Winter oft Bewegungsmangel durch den fehlenden Weidegang entsteht. Durch das lange, dichte Winterfell schwitzen die Pferde mehr und länger und benötigen eine oft mehrstündige Phase des Abkühlens unter einer schweißabsorbierenden Decke, die oftmals nach einiger Zeit gewechselt werden muss, sobald die Feuchtigkeit des Fells nach außen transportiert wurde und die Decke außen nass ist. Vernachlässigt man hier die „Trainings-Nachsorge“, besteht die Gefahr einer Erkältung.

 

Bewegung und Gesundheit

Häufig sind die Bodenbedingungen in der kalten Jahreszeit für einen Geländeritt zu schlecht. Schnee und Eis verhindern das Verlassen des Stallgeländes und zwingen uns dazu, den Pferden Abwechslung abseits des natürlichen Geländes zu bieten. Ohne regelmäßige Bewegung nimmt die Elastizität von Sehnen und Gelenken ab, und auch die Kondition wird schwächer. Das kann zu Sehnenverletzungen, Muskelzerrungen und Gelenkentzündungen führen. Und natürlich leidet das Pferd unter Langeweile, wenn es wenig gefordert wird und den ganzen Tag im Stall oder auf einem reizarmen Paddock verbringen muss.

Wenn selbst ein Spaziergang aufgrund der schlechten Wetterverhältnisse nicht möglich ist, baue ich für meine Pferde im Winter sehr gerne in der Halle einen „Gelassenheits- und Spaß-Parcours“ auf. Ich arbeite dabei mit verschiedenen Bodenhindernissen: Planen, Tonnen, Gymnastikbällen, Gassen, Flatterband, ausgedienten Matratzen, Schaumstoffbalken, Gartenabfallsäcken – also auch mit Dingen, die man nicht unbedingt im Reitsportfachgeschäft kaufen kann. Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt! Kombiniert mit Hindernis-Stan-gen und Pylonen kann man sich einen – dem Pferd angepassten – Parcours zaubern und Kopfarbeit, Vertrauen und Gelassenheit des Pferdes fördern und vertiefen.

Oft macht es auch viel Freude, sich mit Stallkollegen zusammenzutun und gemeinsam einen solchen Parcours zu gestalten, um einen dunklen Nachmittag im Stall zu verschönern! Ängstliche Pferde schauen sich übrigens von ihren mutigen Kollegen viel ab – darum macht es Sinn, ruhig mit mehreren Pferden gleichzeitig im Parcours zu arbeiten.

Durch einen solchen Parcours kann man das Pferd führen, reiten oder mit ihm an der Doppellonge arbeiten. In der fahrenden Position lernt das Pferd, selbstständig seinen Weg durch die Hindernisse zu suchen und mitzudenken. Außerdem hält die Arbeit an der Doppellonge auch uns Menschen warm, weil wir uns recht viel dabei bewegen.

Bei allem, was Sie tun: Ganz viel Freude bei der Arbeit mit den Pferden – auch in der dunklen Jahreszeit!

MEHR ÜBER SANDRA:

www.westerntrainerin.com

 


Zurück